Weniger Partnerwahl, mehr Partnerschaft

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Von Mirjam Jentschke

Wachsende Relevanz der Beziehung zwischen Agentur und Kunde  

Die Explosion der Anzahl von Touchpoints und die weiterhin anhaltende Fragmentierung von Kundenbedürfnissen und Leistungsangeboten erhöht den Kommunikationsbedarf vieler Unternehmen und damit den Umfang der Kommunikationsmaßnahmen insgesamt. Die kommunikativen Inhalte und deren technische Umsetzung wird dabei immer komplexer: Gesellschaftlich relevante Themen, datenbasierte Maßnahmen und sich ständig ändernde Algorithmen stellen Agenturen und Kunden vor große Herausforderungen. Demgegenüber steht eine hybride Arbeitswelt, die zwar mehr Raum für individuelle Arbeitsmodelle lässt, aber bei konzeptionellen und kreativen Aufgaben nach Teamarbeit ohne Distanz verlangen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der Unternehmen gerade im Bereich Marketing dazu veranlasst auf Unterstützung externer Partner zuzugreifen. 

Diese Herausforderungen lassen sich nur im Tandem, in der engen Interaktion zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, bewältigen – inklusive kontinuierlichen Lernprozessen, vor allem dann, wenn der Anspruch besteht, die Customer Journey nahtlos zu gestalten. Eine kurzfristige, projektbezogene Zusammenarbeit ist in Anbetracht der externen und internen Herausforderungen für beide Seiten ineffizient, so dass die langfristige Beziehung zwischen Agentur und Kunde in den Vordergrund rückt. Diese Beziehung zwischen Agenturen und ihren Kunden ist von Instabilität geprägt, weil sich Arbeitsbedingungen und die Marktanforderungen und damit die Anforderungen an Agentur und Kunde ständig ändern. Die kontinuierliche Optimierung der Beziehung zwischen Agentur und Kunde rückt daher in den Fokus.

Ansatzpunkte für mehr Beziehungsorientierung: weniger Fokus auf die Partnerwahl, mehr Fokus auf die Partnerschaft 

Das bedeutet konkret? Die Agenturauswahl bleibt wichtig, aber das im Auswahlprozess definierte Agenturmodell, die Art und Weise der Zusammenarbeit, die finanziellen Rahmenbedingungen müssen mit Blick auf die oben geschilderten Herausforderungen regelmäßig hinterfragt werden. Die im Alltag der Zusammenarbeit wichtigen Aspekte der Zusammenarbeit wie Onboarding, kontinuierlicher Wissenstransfer, Talent-Management, Aufgabenstellung und Briefings, Feedbackprozesse und auch das Krisenmanagement werden nur selten aktiv gestaltet oder gar hinterfragt. Erst wenn die Beziehung zu scheitern droht, begibt man sich auf Ursachensuche, aber dann ist es auch schon meist zu spät. 

Eine stärkere Beziehungsorientierung verlangt die Partnerwahl und das initiale Set-up als Startpunkt zu sehen und nicht als abgeschlossenes Projekt. Entscheidend für den Erfolg, die effiziente Zusammenarbeit, den kreativen Output, die Kunden- und Agenturzufriedenheit ist nicht die Partnerwahl, sondern die Partnerschaft als Ganzes. 

Umsetzung der Beziehungsorientierung – wie lässt sich der Fokus verlagern?

Auf Unternehmensseite wird häufig, in Bezug auf die Auswahl und Zusammenarbeit mit Agenturen, von Agentur-Management oder Agentur-Steuerung gesprochen. Management bedeutet, eine Agentur nach vorgegebenen Zielen auszurichten. Planung, Organisation und Kontrolle stehen im Vordergrund. Durch Agentur-Management entsteht keine Beziehung. Agentur-Management muss Agentur-Leadership weichen. Agentur-Leadership  bedeutet auf Basis einer Vision eine Richtung vorzugeben, Agenturen von dieser Vision zu begeistern, sie zu motivieren und zu inspirieren – hieraus entstehen Beziehungen und echte Partnerschaften.

Die Beziehung zwischen Agentur und Kunde ist auch eine zwischenmenschliche Beziehung, bei der Denken, Fühlen und Handeln aufeinander bezogen ist. Gute Beziehungen basieren auf wechselseitigem Verständnis und Einfühlungsvermögen. Das erzielt man, indem man die Perspektive des anderen einnimmt. Das kann gedanklich passieren oder im virtuellen Austausch oder aber indem man auch mal physisch Rollen tauscht, indem Kunden bei Agenturen arbeiten und Agenturmitarbeiter*innen bei Kunden sitzen. 

Und letztlich gehören zu einer guten Beziehungshygiene auch Routinen, regelmäßiger Austausch zu Zufriedenheit, zu Arbeitsabläufen, zu Organisation etc. Hierfür muss man sich Zeit nehmen, idealerweise auf Kundenseite eine Agentur-Leadership Rolle etablieren. Wenn es die Fülle der operativen Aufgaben nicht zulässt, kann die Rolle an externe Dritte vergeben werden, die den Vorteil mit sich bringen, eine neutrale Position einzunehmen, ohne einseitig die Interessen eines Partners zu vertreten.

Über Mirjam Jentschke

Dr. Mirjam Jentschke beschreibt, welche Bedeutung die Beziehungsorientierung für die Zusammenarbeit zwischen Agenturen und ihren Kunden hat. Mit ihrer Beratung fautLefaire entwickelt sie agile Kollaborationsmodelle für Marken-Agentur-Teams und unterstützt Unternehmen bei der Auswahl externer Agentur-Partner.

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